"So eine Reise muss man riechen", sagt der nette Reiseleiter neben mir und da wurde mir endgültig bewusst, was für eine unglaubliche Zugfahrt wir erleben durften.
Vor vielen Jahren haben Herr bushcook, gute Freunde von uns und ich beschlossen, dass wir einmal mit dem Glacier-Express fahren. Und wie das so ist, hat der Termin nicht gepasst und dann war dieses und jenes und es hat sich hingezogen. Bis aus heiterem Himmel der Anruf kam, wir fahren am 27. August mit dem Glacier-Express. Ehrensache, wir fahren mit und ich habe mich sehr auf diese Zugreise gefreut.
Unsere Reiseroute sollte von Zermatt nach St. Moritz gehen. Schnell wurde uns klar, dass wir da noch ein paar Tage um diesen Zugtag herum bauen sollten und entschlossen uns zu einer entschleunigten Anreise mit der ersten Übernachtung in Nauders, Österreich.
Am nächsten Tag ging es nach St. Moritz und wir stellten dort unser Auto ab. Mit einem Leihwagen ging es dann über die Schweizer Berge und viele Täler und Pässe nach Zermatt. Das Wetter war gruselig und es war kalt und regnete fast den ganzen Tag. Das kann ja was werden im Zug. Hoffentlich sehen wir vor lauter Nebel überhaupt etwas.
Zermatt ist eine autofreie Stadt und wir hatten das große Glück, dass unsere Auto-Abgabe-Station auch noch eine Tankstelle (für das Auffüllen des Tanks) und ein Transfer-Unternehmen war. So konnten wir alles auf einmal erledigen und waren blitzschnell beim Hotel.
Am nächsten Tag mussten wir früh raus. Unser Zug fuhr um 7.18 Uhr am Bahnhof in Zermatt ab. Was am Vortag keiner glaubte, das Wetter hat sich deutlich gebessert und wir konnten sogar das Matterhorn in voller Pracht auf dem Weg zum Bahnhof sehen.
Am Gleis wurden wir mit einem Glas Sekt sehr nett von den Mitarbeitern von Bahnurlaub.de empfangen. Bereits im Hotel hatten sie sich um unser Gepäck gekümmert, das nun am Zug stand. Und das war ein ganz besonderer Zug. Wir fuhren nicht mit dem eigentlichen Glacier-Express, sondern mit dem Swiss-Alps-Classic-Express. Dieser Zug sollte nicht, wie der Glacier-Express, durch den Furka-Basistunnel fahren, sondern die alte Furka-Bergstrecke zwischen Oberwald und Realp fahren.
Nach der Eröffnung des Tunnels wurde diese Strecke 1982 eingestellt. Es ist nur dem Engagement des Veranstalters zu verdanken, dass durch die Zusammenarbeit von Rhätischer Bahn, Matterhorn-Gotthardbahn und der Dampfbahn Furka-Bergstrecke im Jahr 2012 wieder eine solche Fahrt durchgeführt werden konnte. Unsere Reise war erst die dritte Zugfahrt über diese Strecke seit der Nutzung des Tunnels.
Die gesamte Strecke von Zermatt nach St. Moritz kann nur über das Schienenmaterial von den drei bereits erwähnten Eisenbahngesellschaft laufen. Es gibt nur noch sehr wenige Wägen, die hierfür geeignet waren. Die Lokomotiven wurden sowieso öfters getauscht. Neben relativ modernen Wägen mit Großraum-Abteil für die erste und die zweite Klasse gab es einen offenen Wagen, den man sich sozusagen wie ein Cabrio vorstellen kann. Wir hatten das große Glück, dass wir Plätze im historischen Wagen ergattert hatten. Das war ein richtiges Schmuckstück und hatte Plätze, wie im gemütlichen Wohnzimmer.
Die gesamte Fahrt dauerte über 12 Stunden und so war natürlich auch ein Speisewagen, ebenfalls im historischen Design, mit dabei. Als Foodblog möchte ich natürlich auch auf die kulinarischen Aspekte der Reise eingehen.
Gleich nach der Abfahrt bekamen wir schon das Frühstück im Speisewagen serviert. Es gab die von mir so geliebten Gipfeli und Semmeln, dazu Marmelade, Nutella, Schinken und Käse. Auch bei den Getränken mangelte es an nichts. Ich entschloss mich zu einer heißen Schokolade, schließlich waren wir in der Schweiz. Gut gestärkt ging es zurück an unseren Platz. Die Fahrt durch die Alpen war unglaublich schön und wir wechselten zwischen unserem historischen Wagen und dem offenen Wagen. Die Fahrt in diesem offenen Wagen war ein sensationelles Erlebnis und bot uns den Panoramablick, den der eigentliche Glacier-Express mit seinen hochgezogenen Fenstern nur verspricht.
Am Bahnhof Oberwald wechselten wir unsere historische E-Lok gegen eine Großdiesellok. Unser Speisewagen wurde auch abgehängt, weil er nicht durch die kleinen, schmalen Tunnel passte, die wir ab jetzt befahren werden. Glücklicherweise wurde er in Realp wieder angehängt und wir durften gleich zum Mittagessen gehen. Nach den vielen Eindrücken waren wir auch sehr hungrig und das Rindsragout Puschlaver Art mit Hexenpolenta und Gemüse schmeckte ausgezeichnet.
Oben auf der Furka-Bergstrecke war es ganz schön nieselig und kalt. Aber, ich habe das gerne ausgehalten, um die Landschaft möglichst intensiv zu erleben. Wir fuhren durch ein paar sehr kleine Tunnel und auch das war ein großartiges Erlebnis. Auf dem offenen Wagen begleitete uns ein Alphornbläser, der die Resonanz der Tunnel gut einzusetzen wusste.
Dort oben habe ich den Satz mit dem Riechen verstanden. Man roch die Diesellok und hatte einen guten Eindruck davon, was Bahnreisen früher bedeutete.
Die Fahrt war sehr abwechslungsreich und man spürte auch die Begeisterung der Menschen an der Strecke. Senner und Bauern traten aus ihren Häusern, um zu winken und den Zug zu fotografieren. Jeder Arbeiter an der Strecke stand bereit und fotografierte, als wir vorbei fuhren. Ich hatte wirklich den Eindruck, dass es auch für die Zuschauer etwas ganz besonderes ist.
Damit auch wirklich keine Gefahr besteht, während der Fahrt zu verhungern, hat unser Freund auch ein Z'Vieri bestellt. Es gab einen Jägerteller mit Bündner Salsiz und Bergkäse. Wir gönnten uns auch ein Glaserl Schweizer Wein dazu. Wie bei jedem Essen, waren die Tische formvollendet gedeckt und die Service-Mitarbeiter sehr freundlich und kompetent. In manchen Kurven war es gar nicht so einfach, das Essen unfallfrei an den Tisch zu bringen.
Hinter diesen Bergen versteckt sich der Rhone-Gletscher, nach dem der Glacier-Express benannt ist. Durch die Klima-Erwärmung ist er sehr stark geschmolzen. Früher bedeckte er das gesamte hellgraue Gebiet. Der Glacier-Express kommt an dieser Stelle leider nicht mehr vorbei, da er durch den Tunnel fährt.
In jeder Kurvenlage hingen die eisenbahn-begeisterten Passagiere (in der Hauptsache Männer :-) ) weit aus den Fenstern, um den Zug während der Fahrt zu fotografieren. Das hat natürlich am besten im offenen Wagen funktioniert.
In Disentis mussten wir uns vom offenen Wagen verabschieden. Unser Sonderzug wurde an einen Regelzug der Rhätischen Bahn angehängt. Ab jetzt wurde etwas schneller gefahren und dafür war unser Cabrio leider nicht ausgelegt. Dafür bekamen wir noch zwei historische Wägen dazu: einen weiteren Speisewagen und einen Pullmann-Salonwagen. Das Abendessen im Zug hatten alle Passagiere gebucht und so fanden auch alle einen schönen Platz.
Zum Abendessen gab es ein kleines, aber feines Menü mit Briger Kartoffelsuppe, Kalbsschnitzel mit Kräuterrahmsauce, Hörnli und Gemüse. Den süßen Abschluß machte ein Caramelköpfli. Was bei uns in manchen Restaurants nicht funktioniert, klappte einwandfrei im Zug. Für Herrn bushcook waren alle Speisen glutenfrei bestellt und auch so umgesetzt.
Ziemlich pünktlich so gegen 20.00 Uhr kamen wir satt, müde von den vielen Eindrücken, aber sehr glücklich in St. Moritz an. Dort standen schon die Busse für den Transfer zum Hotel bereit. Diese sehr beeindruckende Reise war auch bestens organisiert. Alles klappte wie am Schnürchen und als Passagier konnte man es richtig geniessen und musste sich um nichts kümmern.
Für Interessierte stelle ich nochmal die Streckenführung vor:
Zermatt - Visp - Brig - Oberwald - Gletsch - Furka - Realp - Andermatt - Nätschen -
Disentis - Chur - St. Moritz
Wir hatten unser Auto wieder und genossen unseren Urlaub mit einer kleinen Anschlußreise nach Südtirol.
danke fürs Mitnehmen, ganz toll !!
AntwortenLöschenlg
Gerne, weil es so etwas besonderes ist, wollte ich auch darüber berichten.
LöschenEin sehr schöner, gelungener Reisebericht und ein prachtvolles Foto vom Matterhorn.
AntwortenLöschenDanke Dir, über das Foto des Matterhorn bin ich auch besonders glücklich.
LöschenWow! Wir sind genau diese Woche vor zwei Jahren mit dem normalen Glacierexpreß gefahren und das was schon beeindruckend. Mit dem historischen Zug auf der alten Strecke muß es atemberaubend sein. Allerdings hatten wir dafür blendendes Wetter ;-) Wäre ein tolles Geschenk für meinen Liebsten zum 50. in zwei Jahren.
AntwortenLöschenDanke für den tollen Bericht!
Liebste Grüße, Claudia
Liebe Claudia,
Löschenvielen Dank für Deine Erinnerung. Wir haben auf der Strecke auch den normalen Glacier-Express gesehen und ich bin mir sicher, die historische Reise würde Euch sehr begeistern. Als Geschenk eine tolle Idee.
Ein schöner Reisebericht, der Erinnerungen weckt. Bei diesem lausigen Gebirgssommer hattet ihr sogar Glück mit dem Wetter. Mr. Feuerkopf war von den Bergbildern so beeidruckt, dass er noch selbst mailt.
AntwortenLöschenGrüßle vom Tölzer Feuerkopf
Das freut mich sehr, dass Ihr beim Lesen so viel Spaß hattet.
LöschenWow.... Ich muss zugeben, dass ich nun ein wenig neidisch bin auf Euer Erlebtes. Irgendwann mal.... irgendwann...
AntwortenLöschenLG, Holger
Unbedingt Holger, das ist eine sehr empfehlenswerte Reise.
LöschenEine schöne und offenbar auch leckere Reise! Beim Start-Ort Zermatt wird mir ganz warm um's Herz, das war schon oft unser Bergwander-Reiseziel in der Vergangenheit - den Bahnstreckenabschnitt bis Visp kenne ich daher auch gut. Lieben Gruß!
AntwortenLöschenLiebe Claudia,
Löschenschön, dass ich Dich an wunderbare Zeiten erinnern konnte. Ich bin ganz erstaunt, wie viele mir schreiben und so gute Erinnerungen haben.