Samstag, 21. Oktober 2017

Rezension: Bar Bibel von Cihan Anadologlu

Bereits vor längerer Zeit habe ich verstanden, dass die Arbeit eines Spitzenbartenders viel Ähnlichkeit mit der eines Spitzenkochs hat. Es geht ganz grundsätzlich um die perfekte Kombination von Aromen. Längst haben moderne Methoden des Kochens, wie Vakuumieren oder Einsatz einer iSi-Flasche Einzug in die Barwelt gehalten. Deshalb sind für mich Bücher über Cocktails sehr interessant geworden. Im Callwey Verlag ist kürzlich ein solches Buch, die "Bar Bibel" von Cihan Anadologlu erschienen.




In München gibt es eine respektable Barszene mit einigen Bartendern der ersten Liga, die auch international Anerkennung erfahren haben. Dazu zählt auf jeden Fall Cihan Anaddologlu, der über eine fundierte Ausbildung als Koch und Bartender gemacht hat. Darunter waren Stationen in New York, bei Alain Passard, Paul Bocuse und Tim Raue. In den letzten Jahren festigte er seinen guten Ruf als Chef-Bartender in der weltberühmten Bar von Charles Schumann in München. Er konnte sich seinen Traum von der Selbständigkeit verwirklichen und eröffnete im Münchner Club Hearthouse die Bar Circle. Bereits nach 10 Monaten wurde er vom Mixology Magazin unter die Top 5 der neuen europäischen Bars gewählt und erhielt den Preis für die "most innovative Bar" in Deutschland. Zu seinen großen Erfolgen gehört die Auszeichnung als "Bacardi Grey Goose Global Finals". Das war die Eintrittskarte, mit der er bei der Oscar-Verleihung 2014 einen eigenen Cocktail präsentieren durfte.

Das großformatige Buch ist optisch angelehnt an "Burger Unser" von Hubertus Tzschirner und sollte in diesem Sinne auch als Standardwerk verstanden werden. Nach der Vorstellung von Cihan und seiner Circle Bar werden wir in die Geschichte des Cocktails eingeführt. Besonders gut gefallen hat mir das Schaubild mit der Überschrift "Cocktails, Longdrinks & Spirituosen around the clock". Jetzt weiß ich, welcher Cocktail um welche Uhrzeit angemessen ist. Vielleicht versuche ich einmal einen Milk Punch zum Frühstück um 7.00 Uhr.

Wer regelmäßig Bars besucht weiß, dass es Klassiker gibt, die jeder Bartender kennt und sofort mixen kann. 200 klassische Cocktails aus dem Gebetsbuch der Barwelt stellt Cihan als die 200 besten Drinks der Welt vor. Zur besseren Orientierung sind sie nach der Haupt-Spirituose eingeteilt. Das hilft sehr, wenn man eine Flasche Gin oder Wodka daheim hat und Ideen für Cocktails sucht. Cocktail-Rezepte sind sehr knapp gefasst. Das gilt auch hier, Zutatenliste, kurze Zubereitungsanleitung und Empfehlung für das passende Glas. Das ist ausreichend, um die Cocktails auszuprobieren.

Während die Klassiker eher knapp vorgestellt werden, ist viel Raum für Cihans 50 beste Eigenkreationen. Jedem Cocktail wird eine Doppelseite gewidmet. Die brillanten Fotos von Daniel Esswein, der auch "Burger Unser" fotografiert hat, sind auf einer ganzen Seite abgebildet. Auf der zweiten Seite erläutert Cihan die Idee zum Cocktail und die Vorgehensweise (Zutatenliste, Zubereitung, Garnitur und passendes Glas). Bei einigen Drinks wird eine Zutat verwendet, die selbst hergestellt werden muss. Die Anleitung dazu ist ebenfalls genau erläutert.

Cihan ist sehr gut vernetzt und ein sehr guter Gastgeber. Er lädt immer wieder internationale Spitzenbartender ein, um das schöne München kennen zu lernen und ihnen eine Bühne für ihre Arbeit zu geben. Dem trägt er mit 9 Kreationen internationaler Bartender auch in seinem Buch Rechnung. Je eine Kreation haben Agostino Perrone, Geoffrey Canillo, Bar Shira und Dror Alterovich, Serhan Kusaksizoglu, Maro Mahjoub, Marian Beke, Nico de Soto, Philipp Bischoff und Onurcan und Yigitcan Gencer beigesteuert.

Mein Augenmerk wurde besonders auf das Kapitel " Food & Cocktail-Pairings" geleitet. In Zusammenarbeit mit Florian Gürster, dem Küchenchef des Hearthouse entstanden schöne Anregungen für Barfood, zu dem der passende Cocktail aus Cihans Eigenkreationen kombiniert wurde. Diese Rezepte sind sehr kreativ und haben eine wunderbare geschmackliche Tiefe. Leider sind sie nicht im Detail ausgearbeitet. Man sollte schon etwas Kocherfahrung haben, um sie umzusetzen. Meine Hoffnung ist sehr, dass zu diesem Thema einmal ein Buch erscheint. Hier sehe ich noch ein interessantes Thema, zu dem es kaum Literatur gibt. Und man möchte ja zu den excellenten Cocktails nicht immer nur Nüsschen essen.

Im Anhang finden wir die Grundlagen. Cihan verrät seine Rezepte für Säfte, Sirups und Espumas. Außerdem stellt er das grundsätzliche Equipment und die Techniken der Bar vor. Im Serviceteil gibt es Bar-Adressen in Deutschland, Europa und dem Rest der Welt. Das alphabetische Register am Ende des Buches fasst Fachbegriffe, Zutaten und Cocktails zusammen und erleichtert somit das Auffinden eines bestimmten Begriffs.

Es war natürlich Ehrensache ein Gericht aus dem Pairing-Kapitel zu kochen und den passenden Cocktail dazu zu mixen. Sinnvollerweise habe ich mir auch noch einen Cocktail aus den 200 Klassikern ausgesucht. Wie bereits gesagt, beim Nachkochen hat mir meine Erfahrung geholfen. Geschmeckt hat es ausgezeichnet. Beim Mixen von Cocktails bin ich nicht sehr erfahren und um jede Hilfestellung dankbar. Die beiden Rezepte waren für mich leicht nachzuvollziehen und auch die Beschaffung der Zutaten sehr unkompliziert.


Salty Dog






Cocktail: Like a Zombie
Bar-Food: Baby Back Ribs mit Asia Crust und Sesam-Schneeerbsen
Fazit:
Die Bar Bibel von Cihan Anadologlu überzeugt mit einer guten Mischung aus klassischen Cocktails, den besonderen Eigenkreationen und den Anregungen zu Barfood. Die hochwertige Aufmachung und die tollen Fotos machen Lust, es öfters in die Hand zu nehmen und darin zu schmökern.


Ein paar Impressionen von der Buch-Präsentation in München habe ich noch mitgebracht:





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Was passiert, wenn Du hier einen Kommentar hinterlässt?
1. Ich freue mich darüber.
2. Ich versuche ihn in den nächsten Tagen zu beantworten.
3. Dein Kommentar und Dein Kontakt wird gespeichert. Das ist ein Standard von Blogger, dem Tool, das ich nutze, um diesen Blog zu schreiben.
4. Ich mache sonst nichts. Die Kommentare stehen einfach so unter dem Blog-Beitrag.
5. Wenn Du das nicht willst, nimm' einfach die Finger von der Tastatur.
6. Ich verkaufe keine Daten, ich mache keine Auswertungen damit und ich lösche nichts. Ich lebe ein ganz normales Leben und habe Freude am Kochen und am Teilen meiner Erfahrungen. Für alles andere habe ich keine Zeit, keine Nerven und keine Erfahrung.