Samstag, 16. Dezember 2017

Rezension: Vegetarische Winterküche von Paul Ivic

Die vegetarische Küche ist längst über eine Modeerscheinung hinausgewachsen. Immer mehr Menschen möchten sich vegetarisch ernähren. Vegetarische Gerichte sind auch für Fleischliebhaber interessant, die gerne Fleisch essen, aber weniger davon essen möchten und lieber auf die Qualität achten. Profi-Köche haben Freude daran, die Gäste mit kreativen Gemüsegerichten zu verwöhnen, da dort viel mehr Kreativität gefragt ist, als bei Fleischgerichten. Vegetarische Küche ist salonfähig und sogar mit Michelin-Sternen ausgezeichnet. Rechtzeitig zur kalten Jahreszeit ist nun das neue Kochbuch von Paul Ivic - "Vegetarische Winterküche" erschienen.



Mit starkem Willen und viel Fleiß engagierte sich der Tiroler Paul Ivic in den Küchen verschiedener Spitzenhotels in Österreich, Deutschland, Schweiz und Spanien. Er geriet in eine gesundheitliche Krise und änderte, auf Anraten des Arztes, seinen Lebensstil und entdeckte die vegetarische Küche für sich. Im Jahr 2011 bekam er von Christian Halper ein Angebot als Küchenchef für das Wiener Restaurant Tian. Er wollte dort ein vegetarisches Spitzen-Restaurant ins Leben rufen. Dieser Plan gelang und Paul Ivic ist der einzige vegetarische Koch in Österreich, der mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde. Dabei ist er selbst kein Vegetarier und isst immer noch Fleisch, allerdings in Maßen.

Die "Vegetarische Winterküche" ist sein zweites Buch. Vor zwei Jahren ist die "Vegetarische Sommerküche", ebenfalls bei Brandstätter erschienen. Bei diesem Buch haben mich die Optik und die Rezept-Ideen sehr angesprochen. Mit der praktischen Umsetzung war ich leider nicht glücklich. So etwas tut mir immer sehr leid, da ich das Engagement und die Arbeit aller Beteiligten bei einem Kochbuch sehr schätze. Ganz besonders schätze ich den Brandstätter Verlag, die sich mein "Magengrummeln" immer mit viel Aufmerksamkeit und Wertschätzung anhören. Mit dieser kleinen Vorgeschichte im Gepäck war ich sehr gespannt auf das neue Kochbuch.

Nach meiner Erfahrung gehört es zu den spannendsten Aufgaben die Rezepte eines Spitzenkochs für den Hobbykoch aufzubereiten. Profis verwenden Rezepte als Inspiration und lassen sich nicht gerne in ein Korsett zwängen. Hobbyköche lieben die Sicherheit eines funktionierenden Rezepts und genau an dieser Schnittstelle braucht es eine Art "Übersetzer". Es ist meine tiefe Überzeugung, dass ein Profi "bessere" Rezepte entwickelt, als ein Laie, aber er kann sie nicht so gut aufbereiten. Wenn sich hier zwei finden, die sich verstehen, dann kann sich der Leser über feine und funktionierende Rezepte freuen, so wie in diesem Buch.

Die besondere Stimmung im Winter wurde mit sehr stimmungsvollen Fotos, die genau die Lichtstimmung zu dieser Jahreszeit wiederspiegeln, eingefangen. Nach ein paar persönlichen Worten von Paul Ivic zu seiner Philosophie geht es gleich los mit den 70 Rezepten. Unterteilt sind die Gerichte in die Kapitel "Winter-Highlights", "Suppen & Eintöpfe", "Wintersalate", "Fingerfood", "Hauptspeisen", "Süßes & Drinks", und "Homemade".

Für mich war es sehr spannend, über die Rezepte nachzudenken und, wenn ich sie mit einem knappen Begriff beschreiben müsste, dann fällt mir nur "dark horse" ein. Das beschreibt ein Understatement, bei dem man auf den ersten Blick nichts besonderes erkennt. Sobald man aber näher hinschaut, merkt man die Qualität. Rezepttitel, Anrichtweise und Foto zeigen eine gepflegte Alltagsküche. Umgang mit den Zutaten und Geschmack deuten ganz klar auf eine Spitzenküche hin. Der Spagat ist hier sehr gut gelungen.

Die Rezepte präsentieren sich ganz klassisch auf einer Doppelseite, wobei eine Seite für das Foto des fertigen Gerichts reserviert ist. Auf der gegenüber liegenden Seite finden sich Zutatenliste, Personenanzahl und der Zubereitungstext. Für den schnellen Blick gibt es noch Hinweise, ob ein Gericht auch vegan, gluten- oder laktosefrei ist.

Im Kapitel "Homemade" geht Paul Ivic auf die Qualität der Lebensmittel und die Vorratshaltung ein. Ausführlich vorgestellt (mit Schritt für Schritt-Fotos) werden Blätterteig, Germknödel und eingelegte Gemüse. Eine große Herausforderung der vegetarischen Küche sind Fonds. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass ein Fisch- oder Fleischfond viel Geschmack in ein Gericht bringt. Für die vegetarische Küche braucht es da Alternativen und Paul Ivic verrät seine Fond-Rezepte, wie er sie auch im Restaurant Tian kocht.

Sehr gut gelungen ist das alphabetische Register am Ende des Buches. Es listet die Rezepttitel, aber auch alle möglichen Zutaten mit den passenden Rezepten auf. So wird man schnell fündig, wenn man noch etwas im Vorrat hat.

Zum Nachkochen habe ich mir zwei sehr unterschiedliche Rezepte gesucht. Die Kartoffeln mit dem Kürbistatar lassen sich, mit ganz normal erhältlichen Zutaten, sehr gut am heimischen Herd kochen. Die Raffinesse liegt in dem sorgfältigen Umgang mit den Produkten. Natürlich könnte man die Kartoffeln ganz normal im Salzwasser kochen. Bei Paul Ivic kommen sie mit Walnussöl, Zitronenthymian, Lorbeer und Salz/Pfeffer in den Ofen. Das Kürbistatar verdankt den intensiven Geschmack der Säure der Limetten und belebt die Kartoffeln.  Der Saft lässt sich ziemlich einfach pressen und schmeckt ganz hervorragend.


Überbackene Kartoffeln mit Kürbistatar
Muntermacher

Ein Saft aus 400 gr. Papaya mit Kernen, 400 gr. Ananas, 10 gr. Ingwer, 80 gr. Staudensellerie und einer Limette.














Fazit:
Das Kochbuch "Vegetarische Winterküche" von Paul Ivic ist für Hobbyköche interessant, die großen Wert auf Geschmack legen und bereit sind, dafür ein paar Minuten mehr Zeit und Sorgfalt zu investieren. Die Zutaten sind im normalen Lebensmittelhandel gut erhältlich und es braucht keine spezielle Küchenausstattung zum Nachkochen. Wer Wert auf eine sehr gepflegte Alltagsküche legt, oder vegetarischen Gästen etwas Besonderes servieren möchte, wird an diesem Buch seine Freude finden. Auch für Profis bietet das Buch gute Anregungen, kreative vegetarische Gerichte auf die Karte zu nehmen.


Ende November kam der sympathische Paul Ivic in den Münchner Ableger des Restaurants Tian, um sein Kochbuch persönlich vorzustellen. Ich habe Euch ein paar Impressionen der Pressekonferenz mitgebracht



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