Letzten Herbst war ich auf einem Blogger-Event, der unter dem Motto "Genuss" stand. Ein Programmpunkt sollte auch ein Wettbewerb sein. Im Vorfeld rätselten wir, was uns da wohl erwartet und dachten an einen Koch-Wettbewerb, bei dem wir in Gruppen gegeneinander antreten und der anwesende Koch kürt dann einen Sieger, oder so ähnlich. Der Wettbewerb entpuppte sich als "Basteln" von Lebkuchen-Herzen. Der Teig war schon vorbereitet und wir sollten dann die Herzen backen, verzieren und ein Foto davon über instagram veröffentlichen. Wer die meisten Reaktionen erntet, hat gewonnen.
Aha, dachte ich mir, wie komme ich jetzt vernünftig aus dieser Nummer wieder raus? Mit diesen Lebkuchen-Herzen hatte ich schon als Kind ein Problem. Die wurden bei uns daheim einfach nicht gekauft, weil sie sowieso nicht essbar und somit Verschwendung von Lebensmitteln waren. Es gab ausschließlich diese kleinen Schokoherzen, die in knallrotes Papier eingewickelt waren und die haben wir auch gegessen. Die vorgesehene Dekoration aus Eischnee mit viel Lebensmittelfarbe und Zuckerkügelchen und -herzchen gehören zu den Dingen, die ich für überflüssig halte. Und um das ganze noch zu toppen, war Amelie von kunterbuntweißblau so lieb, mir genau an diesem Tag zu erklären, wie man überhaupt so einen instagram-Account anlegt. Oder anders gesagt, ich hatte Zugang zu einem Social-Media-Kanal ohne einen einzigen Kontakt, der das wahrnehmen würde.
Ich beschloss, ein "Protest-Herz" zu gestalten und schnörkelte eine gelbe Bordüre aufs Herzerl und verzierte die bunten Buchstaben mit Zuckerherzen in verschiedenen Rosatönen und Zuckerkugerl in weiß, rosa und silber. Um mich herum gab es nur verständnislose Blicke. Egal, ich war meiner Sache sicher und schritt zum letzten Schritt, machte ein Foto und veröffentlichte es über instagram und facebook. Die Damen waren höflich und man klickte die Herzen der anderen Teilnehmerinnen natürlich an. Ich hatte aber noch ein Like mehr und das hat mich mehr gefreut, als hunderte davon. Es kam von Steven Schneider, einem der kreativsten Sushi-Köche Deutschlands - der hatte mich verstanden.
Was als Beamtenbeleidigung in den USA startete wurde in Deutschland von Ole Plogstedt, dem Chef der Roten Gourmet Fraktion aufgegriffen und in "All Cooks Are Bastards" umgewandelt. Die ganze Geschichte erzählte er ausführlich in diesem Interview.
Mein Herzerl lag einige Zeit zuhause herum und ich wusste nicht so recht, was ich damit anfangen sollte. Dann ergab sich eins zum anderen und ich hatte einen tollen Plan. Letztes Jahr veranstaltete Ole Plogstedt am Messe-Sonntag in seinem Restaurant Olsen in Hamburg die erste ACAB-Night. Die wurde so erfolgreich und beliebt, dass er dies heuer wiederholen wollte. So stimmte ich den Termin mit Freunden ab, die mitgehen wollten und wir beschlossen, nach dem Besuch der Gastro-Vision, dort zu essen.
Ich packte das Herzerl sorgfältig in Seidenpapier und legte es in eine Dose. Im Handgepäck flog ich es nach Hamburg und es durfte den ganzen Tag in meiner Handtasche beim Besuch der Gastro-Vision dabei sein. Wir starteten ganz vernünftig in den Abend mit einem Menü und hatten bereits viel Spaß am Tisch und uns unglaublich viel zu erzählen, dass wir kaum richtig zum Essen gekommen sind. So langsam füllte sich das Lokal und man spürte schon an der guten Stimmung, das wird so eine Art "Klassentreffen".
Kartoffelsüppchen |
Ceviche |
Entrecote vom Friesischen Ox, Schnibbelbohnen, blaue Kartoffeln, Knoblauchjus |
Ananas-Cocos-Törtchen mit Maracuja |
Es gab keinen freien Stuhl mehr und so wurde eben improvisiert, damit alle Platz finden konnten. Ole hatte zwischenzeitlich auch gegessen und lief durch das Restaurant, um die Gäste zu begrüssen. Das war der richtige Moment. Ich erzählte ihm die Geschichte, so wie ich sie Euch erzählt habe und schenkte ihm das Herzerl. Seine Reaktion war unfassbar für mich. Er hat sich so gefreut und sagte: "Das habe ich schon einmal auf facebook gesehen!" Er trug es mit Begeisterung um den Hals und es war leider vom Transport schon etwas lädiert und so beschloss er, ihm einen Ehrenplatz im Restaurant zu geben. Wer also einmal das Herzerl selbst sehen möchte, der muss ins Olsen gehen :-).
Zu vorgerrückter Stunde wurde die Abendkarte aufgehoben und es gab einfach nur noch Currywurst. Das wurde auch dankbar angenommen, da die Jungs der Kochbox ihr eigenes Bierfass mitbrachten. Glücklicherweise fand sich noch ein freier Tisch, um es aufzubauen und Ralf Jakumeit zapfte es gekonnt mit zwei Schlägen an. Oberbürgermeister-reif, wie am Nebentisch begeistert kommentiert wurde.
Tolle Menschen, tolle Stimmung, tolle Party - so werden Legenden geboren. Die Nacht wurde lang, hat aber unglaublich viel Spaß gemacht.
P.S. Den Herzerl-Wettbewerb hat eine Bloggerin gewonnen, die aus der Mitte ein zweites Herz ausgestochen hat und es mit silber Zuckerperlen verzierte, als Nieten, wie sie meinte. Sie streifte es über ihr Handgelenk und trug es auf dem Foto als Armreif. Damit schloss sich für mich der Kreis zum Thema Lebensmittel und ihre Verwendung. Der Preis war übrigens eine Küchenmaschine, die zwar teuer, aber bezahlbar ist. Mein Preis ist unbezahlbar und unvergesslich. Lieber Ole, ich danke Dir sehr!
Ach wie süß - da wär ich gerne dabei gewesen :) Eine schöne Geschichte!
AntwortenLöschenDanke Dir, das war wirklich eine tolle Sache, die auch viel Spaß gemacht hat.
LöschenHach, das war ein wirklich ganz ganz grandioser Abend! Ich erinner mich gerne zurück und hatte tierisch viel Spaß mit euch :-)
AntwortenLöschenDas Essen im Olsen (das wir ja zum Glück noch bekommen haben!) war auch ganz großartig.
Hatte ich schon erzählt, dass der Abend für mich noch 15 Euro teurer wurde, weil ich auf dem Weg zum Hotel noch geblitzt wurde? Hehe. Das wars wert!
Und die Herz-Geschichte ist ohnehin ein Oberknaller!
Ich drück dich ganz lieb,
viele Grüße,
Maja
Da sagst Du was Wahres, liebe Maja. Es war so schön, dass wir diesen tollen Abend gemeinsam erleben konnten.
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