Ich suchte nach einem Zugang zu diesem Buch und war mir sicher, dass ich mir diesen nur durch einen Besuch vor Ort verschaffen kann. Auch diesmal war es so, dass niemand mitgehen wollte. Egal, ich wollte seine Küche unbedingt erleben und habe mich für ein Mittagessen entschieden. Ich fürchte mich nicht, alleine in ein Restaurant zu gehen und es ist mir auch nicht peinlich. Aber es macht zu zweit einfach mehr Spaß, weil man sich austauschen kann. Ein Besuch zum Lunch erschien mir eine gute Alternative zu sein.
Pünktlich um 12.00 Uhr betrat ich das Restaurant und fühlte mich von Anfang an sehr wohl. Das Ambiente ist modern und wohltuend zurückhaltend. Mein Kochbuch hatte ich in der Handtasche dabei und mir fiel auf, wie konsequent das Styling des Restaurants bei der Aufmachung des Buchs umgesetzt wurde. Direkt am Eingang lagen zwei dieser Bücher. Sie wirkten wie eine Ergänzung des Designs und nicht wie ein völlig übertriebenes Produkt-Placement wie bei Johann Lafer oder Alexander Herrmann.
Von meinem Platz aus hatte ich einen sehr guten Blick in die offene Küche. Besonders fasziniert haben mich die Teller mit den Abdeckhauben, die zu Türmen gestapelt wurden. Es erinnerte mich an ein Konzert, bei der sich langsam der Orchestergraben füllt, als die ersten Köche anfingen zu arbeiten. So langsam lief alles auf Hochtouren, schließlich war das Restaurant ausgebucht. Und langsam ebbte es wieder ab. Kaum mehr Tellertürme waren zu sehen, die auf wundersame Weise immer wieder neu auftauchten, und nur noch wenige Köche räumten auf. Jeder Handgriff sass, mit präzisen Bewegungen wurden die Teller für die Gäste zubereitet. Nie kam Hektik oder Unruhe auf, alles war sehr eingespielt.
Sehr aufmerksam wurde ich gefragt, ob ich etwas zu lesen möchte. Nein, vielen Dank, es gab schließlich so viel zu sehen und ich bin leider auch sehr neugierig. Selbst wenn in der Küche gerade nichts los war, erfreuten sich meine Augen an dem eleganten dunkelblauen Farbkonzept, das mit türkis und violett aufgelockert wurde. Besonders begeistert hat mich ein riesengroßes Gemälde mit Müllsäcken und weggeworfenen Kartons an der Wand. Es hört sich seltsam an, aber diese Müllsäcke sahen sehr ästhetisch aus. Das Bild ist wirklich sehenswert.
Meine Vorfreude wurde nicht enttäuscht, als die kleinen Teller mit dem Amuse auf den Tisch kamen.
japanischer Rettich mit Senf
Taglilienblüten mit Minze
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Gewürz-Cashewnüsse
Schweinebauch mit Sesam und Chili
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Krake, Purple Curry und Melone |
Dim Sum Jakobsmuschel, Shiso und Kamebishi Sojasauce |
Dim Sum Lammrippchen, Honig und Birne |
Fried Rice, Spanferkel und Kaisergranat |
Peking Ente Interpretation TR |
Calpico, Himbeere, Rhabarber |
Geeiste Birne, Cumin-Joghurt, Fenchel |
Neben den Dim Sum war ich besonders gespannt auf die Peking Ente Interpretation TR. Bei der Peking Ente wird die sehr knusprig gebratene Haut in Streifen geschnitten und zusammen mit Streifen von Frühlingszwiebeln in kleine Pfannenkuchen gerollt und dann in eine Sauce gedippt.
Tim Raue greift diese Elemente auf, aber er interpretiert sie auch wieder neu. Das Gericht besteht aus drei Teilen und folgt für mich auch dem Gedanken, das ganze Tier sinnvoll zu nutzen. Die gebratene Entenbrust wird von einer Buchweizenwaffel mit eingebackener Frühlingszwiebel begeitet. Die Leber wurde zur Paté verarbeitet und das Entenklein zu einer Brühe. Wieviel komplexer das Gericht noch ist, habe ich danach in My Favorite Things nachgelesen.
Die chinesische Küche lernte ich vor ca. 25 Jahren sehr schätzen, als ich einige Kochkurse bei einer Chinesin aus Singapur machte. Wie war eine begeisterte Köchin und bereiste regelmäßig mit ihrem deutschen Mann die chinesischen Provinzen, um neue Rezepte mitzubringen. Die Zubereitungsmethoden und der Geschmack hatten nichts damit zu tun, was in den chinesischen Restaurants in München auf den Tisch kam. Auch meine Kochbücher waren leider sehr eingedeutscht. Deshalb hüte ich diese Rezepte heute noch wie einen Schatz und war sehr glücklich, solche Gerichte nun in der Spitzengastronomie zu erleben.
Ich war an einem Samstag Mittag dort essen, jeder Tisch war besetzt. Eine Reservierung ist also dringend notwendig. Leider mussten auch ein paar Gäste, die spontan vorbei kamen, weggeschickt werden.
Bei meinem nächsten Aufenthalt in Berlin möchte ich das unbedingt wieder machen und der Empfehlung meiner Bloggerfreundin Petra folgend, die Teebegleitung zum Menü ausprobieren.
Danke für den Bericht. Wir spielen auch schon länger mit dem Gedanken, einmal dort essen zu gehen. Deine Schilderung motiviert! :-)
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Eva
Liebe Eva,
Löschenso etwas freut mich immer ganz besonders, wenn ich jemand zu einem Restaurant-Besuch "verführen" kann.
Schade, dass nur ich dich durch dein Blog kenne, und nicht du mich. Ich wäre sehr gerne mitgegangen. Ich habe auch keine Hemmungen, alleine essen zu gehen, es macht halt nur zu zweit mehr Spaß.
AntwortenLöschenDeinen Bericht nehme ich gerne als Anregung, bei passender Gelegenheit auch einmal zum Lunch dort hinzugehen.
Liebe Christel,
Löschenja das hätte ich wissen müssen :-). Aber ich kann Dich bestärken, dass es beim Lunch auch alleine ganz kurzweilig ist.
Vielen Dank für den Beitrag. Ich habe auch schon mal reserviert, musste aber dann wegen Krankheit absagen :-( Ich muss das umbedingt nachholen. Sag doch einfach Bescheid, wenn Du noch mal hin möchtest. Ich komme gerne mit :-) Ich bin auch gerne für andere Restaurantbesuche in Berlin offen.
AntwortenLöschenLiebe Grüße Katrin
Ach wie schade, dass Du damals nicht konntest. Es freut mich, dass Du auch mitgehen würdest. So langsam bekommen wir vielleicht einen netten Tisch zusammen. :-)
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