Das Gut Herrmannsdorf liegt im Südosten von München und wurde deutschlandweit bekannt, als Karl-Ludwig Schweisfurt dort 1986 die Herrmannsdorfer Landwerkstätten gründete. Mit seinem Unternehmen Herta Fleischwaren hatte er die Abläufe in einer Großmetzgerei industrialisiert und erkannte eines Tages, dass dies nicht der richtige Weg ist. Er verkaufte das Unternehmen und verfolgte von da ab, genauso konsequent und professionell die artgerechte Tierhaltung und ökologische Landwirtschaft.
Auf Gut Herrmannsdorf leben Schweine, Schafe, Rinder und Hühner. Sie werden dort liebevoll aufgezogen, geschlachtet und verarbeitet. Der immer populärer werdende Grundsatz "from nose to tail" wurde dort schon immer verwirklicht. So haben die Metzger viele Wurstsorten entwickelt, damit auch alle Teile des Tiers genutzt werden können. Und man bekommt hier sogar noch Ochsenmaulsalat, der viel Arbeit macht und handwerkliches Können erfordert.
Die gesamte landwirtschaftliche Arbeit folgt einem natürlichen Kreislauf. Auf den Feldern wird nach einer siebenjährigen Fruchtfolgesystematik angebaut. Dies bedeutet, dass fünf Jahre lang, jedes Jahr eine andere Frucht auf das Feld kommt. Zwei Jahre ist Pause und es wächst nur Gras auf dem Feld. Dieses Gras wiederum wird an die Schweine verfüttert. Aber auch Fallobst aus dem Obstgarten oder eigene Kartoffeln stehen auf dem Speiseplan.
Herrmannsdorf verfügt über eine eigene Getreidemühle und von dem Mehl werden in der Bäckerei auf dem Gelände Brote und Backwaren nach alter Handwerkstradition, ohne Zusätze oder fertige Mischungen, hergestellt. Damit nicht genug, auch eine Brauerei und ein Wirtshaus sind dort untergebracht.
In der Region hat das Gut Partnerschaften mit benachbarten Bauern, die ihre Tiere nach den Standards von Herrmannsdorf halten und aufziehen. Zum Schlachten und Verarbeiten kommen die Tiere dann nach Herrmannsdorf.
Diesen partnerschaftlichen Gedanken spürt man auch ganz genau, wenn man mit den Mitarbeitern von Gut Herrmannsdorf zusammenkommt. Diese schöne Gelegenheit hatte ich vor kurzem auf Einladung von Gudrun Schweisfurth. Ganz neu hat Gut Herrmannsdorf jetzt die Handwerk Akademie gegründet und bietet Kurse rund um das gute Essen an. Da kann man lernen, wie man Brot nur mit Mehl, Wasser und Salz bäckt, oder Wurst macht. Auch ein Braukurs mit dem Braumeister Alfred Riedl ist angedacht. Ich konnte den sogenannten "Kombi-Kurs" besuchen, bei dem Weißwürste und Brezn gezeigt werden.
Die Handwerkstatt ist ein wundervoller großer Raum, der mit sehr viel Liebe zum Detail eingerichtet wurde. Ein guter Ort zum Wohlfühlen und mit viel Platz zum Arbeiten.
Und dort in der Handwerkstatt haben uns die beiden Handwerksmeister von Gut Herrmannsdorf schon erwartet. Dem Metzgermeister Johannes Kratzer und dem Bäckermeister Mike Pötzl merkte man sofort an, wie viel Spaß es ihnen macht, ihr Wissen weiter zu geben. Und weil es einfach so gut dazu passt, wird der Kurs auch in einem gepflegten oberbayrisch abgehalten. Johannes fragte zu Beginn, ob wir ihn verstehen, aber ich bin mir nicht sicher, ob er das durchgehalten hätte, wenn wir "nein" gesagt hätten. Wenn's drinsteckt, steckt's halt drin.
In eine Herrmannsdorfer Weißwurst kommen nur Kalbfleisch, Schweinefett, Zwiebel, Zitronenschale (selbstverständlich Bio), Petersilie, Eis, Salz und Gewürze. Das klingt jetzt nicht so weltbewegend, ist es aber doch. Leider arbeiten viele Metzger mit fertigen Gewürzmischungen und diese werden von der Industrie mit Mehl gestreckt. Gerade diese versteckten Mehle machen den Gluten-Allergikern besonders zu schaffen. Ich weiß jetzt, wo ich eine "saubere" Weißwurst für Herrn bushcook bekomme.
Auch auf den Zusatz von Phosphaten kann verzichtet werden, da das Fleisch noch schlachtwarm verarbeitet wird und somit genug natürliches Phosphor für die Bindung vorhanden ist.
Viel Arbeit macht so eine Weißwurst in kleinen Mengen nicht. Eine Zwiebel schälen, Zitronenschale abreiben, Petersilie abzupfen und hacken, Gewürze abwiegen, Fett kleinschneiden und wolfen. Dann kommt alles in den Cutter und der macht eine hübsche rosa Masse daraus.
Danach ist wieder Handarbeit angesagt. Die Masse wird in den Wurstfüller gegeben und der Schweinedarm wird gewässert und ausgebreitet. Jetzt braucht es noch das richtige Gefühl an der Kurbel und beim Nachschieben. Danach kommt das Abdrehen der Würste. Jeder darf es mal ausprobieren und es ist gar nicht so einfach, wie es aussieht. Aber so langsam hat jeder den Dreh raus.
Das Wichtigste ist jetzt die Feinabstimmung von Weißwurst und Breze. Der Bäckermeister Mike lauert schon im Hintergrund und ein bisserl frozzeln gehört auch dazu. "Ich bin pünktlich fertig. Schau, dass Du auch fertig bist." "Ich bin sowieso fertig, aber wehe Deine Würscht sind nicht fertig."
Im zweiten Teil des Kurses lerne ich, dass Breze einfach ist und glutenfreie Breze leider unmöglich bis grauslig. Das hatte ich schon so befürchtet. In eine Breze kommt auch nicht viel: Mehl, Hefe, Salz, Wasser und noch eine Zutat. Auf die wäre ich nie gekommen. Es ist Schweineschmalz und die gehört in jede Breze. Damit sind Brezen weder vegetarisch, noch vegan. Aber im Sinne einer optimalen Verwertung eines getöteten Tiers sinnvoll.
Der Teig wird zuerst mit der Küchenmaschine geknetet und dann nochmal kräftig von Hand, damit sich der Kleber gut entwickeln kann.
Mit einer Teigkarte werden möglichst gleichgroße Stücke abgestochen und diese dann zu feinen Strängen gerollt. Danach kann man den Strang in der Luft schwungvoll zu einer Breze verzwirbeln, wenn man's kann. Wenn man's nicht kann, dann geht das auch mit einem einfachen Verdrehen des Strangs auf dem Tisch. Schön geworden sind alle unsere Brezn.
Jetzt müssen sie nur noch in Lauge getaucht, mit Salz bestreut und gebacken werden. Danach ist Zeit für einen fragenden Blick zum Metzgermeister: " I bin fertig. Und Du?" Der Metzgermeister Johannes ist auch fertig, also fast fertig. Die Weißwürste schwimmen schon in einem großen Topf mit heißem Wasser und werden gebrüht. Ein bisserl mehr Temperatur brauchen sie noch und dann steht einem köstlichen Mittagessen nichts mehr im Weg.
Gut gestärkt ging es anschließend zu einem kleinen Rundgang. Wir durften die Schweine in den offenen Ställen gleich beim Gut besuchen. Ein kleiner Spaziergang führte uns durch einen Kräutergarten und vorbei an Obstbäumen und saftigen Wiesen zu einem besonderen Tier-Projekt. Dort leben Schweine und Hühner ganz friedlich auf einer Weide zusammen. Die Hühner picken den Schweinen das Ungeziefer vom Körper und die Schweine passen auf, dass der Fuchs nachts nicht die Hühner holt.
Das Bild von den glücklichen Schweinen mit den weißen Hühnern auf dem Körper hat mich sofort an die Serengeti erinnert. Dort sitzen die Kuhreiher auf dem Rücken von Elefanten, Büffeln oder Nilpferden und picken die Parasiten aus der Haut.
Ganz herzlichen Dank an Gudrun Schweisfurth für die nette Einladung und die interessante Führung durch die Herrmannsdorfer Landwerkstätten.
Die Herrmannsdorfer Landwerkstätten haben es verdient auch bei der Tierfreitag-Sammelstelle von Katharina Seiser gelistet zu werden. Deshalb reiche ich diesen Beitrag gerne zum Tierfreitag ein.
Und hier gibt es noch die Berichte der Kollegen:
Dinner um Acht
Der Mut Anderer
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