Mittwoch, 22. Oktober 2014

Rezension: Fleisch von
Georg Schweisfurth und Simon Tress

Kochbücher begleiten mich schon mein ganzes Leben und ich bilde mir ein, dass ich den Kochbuchmarkt auch ganz gut im Blick habe. Trotzdem entdecke ich immer noch ganz besondere Bücher auf Umwegen. So ging es mir auch mit dem Buch "Fleisch" von Georg Schweisfurth und Simon Tress.

Wir waren auf dem Weg in den Schwarzwald und der Urlaub begann bereits, sobald wir im Auto sassen. Ich hatte im Vorfeld recherchiert, damit wir unterwegs einen schönen Stopp zum Mittagessen haben können. Meine Wahl fiel auf das Bio-Hotel und -Restaurant Rose. Dort haben wir sehr gut gegessen und den sympathischen Küchenchef Simon Tress kennengelernt. Unser Mittagessen und das Familien-Unternehmen Tress werde ich Euch noch vorstellen. Wir kamen schnell ins Gespräch und hatten gleich einen schönen Austausch. Von dem Buch hatte ich bereits einmal gehört und erst jetzt wurde mir klar, dass er einer der Autoren ist. Ihr könnt Euch sicher vorstellen, dass meine Neugierde sofort geweckt war und ich mich freue, dass ich das Buch jetzt vorstellen kann.

Simon Tress ist nach seiner Ausbildung als Koch einige Jahre auf Wanderschaft gegangen und kann mit der Traube Tonbach in Baiersbronn und dem Palazzo von Harald Wohlfahrt auch Stationen in der Spitzengastronomie in seinem Lebenslauf vorweisen. Bereits 1950 hatte sein Großvater den Bauernhof der Familie auf Demeter-Richtlinien umgestellt. Diesem Gedanken ist das Familien-Unternehmen stets treu geblieben und heute umfasst das ein Hotel, ein Restaurant, eine Event-Location, eine Manufaktur und noch einiges mehr. Der Bio-Gedanke ist stets das zentrale Merkmal geblieben. Wer Simon näher kennen lernen möchte, kann dies bei einem seiner Kochkurs tun, oder ihn bei seinen Fernsehauftritten beobachten.

Georg Schweisfurth führt engagiert den ökologischen Gedanken seines Vaters Karl-Ludwig Schweisfurth weiter. Dieser verkaufte Herta, das größte fleischverarbeitende Unternehmen Europas, und investierte in Gut Herrmannsdorf und Gut Sonnenhausen in der Nähe von München. Sein Sohn Georg hat, wie sein Vater, eine Ausbildung als Metzger und absolvierte danach ein Studium der Volkswirtschaft. Er gründete die Bio-Supermarkt-Kette basic und führt heute das Gut Sonnenhausen.

Für das Buch Fleisch, erschienen im Christian Verlag, haben sich zwei verwandte Seelen gefunden.





Den Grundgedanken des Buchs entdecken wir bereits am Stempelabdruck auf dem Cover: "Das GANZE Tier". Es ist meine Überzeugung, dass wir immer Fleisch essen werden, aber dieses Fleisch sollte von Tieren stammen, die aus vorbildlicher Haltung stammen. Ein Tier sollte niemals für wenig genutzte Fleischteile sterben und kein Tier besteht nur aus Filet! Wir sollten verpflichtet sein, alles von diesem Tier zu nutzen. Leider ist es heute Realität, dass sich viele Menschen vor Innereien oder unbekannten Fleischstücken ekeln. Es gibt keinen Grund sich vor Leber zu ekeln, aber es gibt viele Gründe sich vor qualvoller Tierhaltung zu ekeln. Die Lösung für diese Thematik ist für mich nicht vegane oder vegetarische Ernährung, sondern ein Umdenken bei Haltung und Verwertung von Nutztieren. Leider haben wir verlernt auch aus den weniger edlen Teilen feine Gerichte zuzubereiten. Hier hilft uns dieses Buch.

Georg Schweisfurth und Simon Tress verstehen ihr Buch als Kochlesebuch. Das wird gleich am Anfang deutlich, bei dem Kapitel Tafelrunde. Dort erzählen die beiden von ihrer Motivation und einer geselligen Runde, die sie zum gemeinsamen Kochen und Essen eingeladen hatten. Dabei gab es auch "schwere Kost". Zielsetzung war es sich Gedanken zu wichtigen Fragen beim Fleischverzehr zu machen. Zu den Themen:
- Gemeinsames Kochen und Essen
- Das Bodenständige verfeinern
- Weniger Fleisch - mehr Genuss!
- Die Sau muss aufgehen
- Was ist gutes Fleisch?
- Sie haben es in der Hand
finden wir eine Dokumentation der Diskussion und viele Denkanstösse. Ein Fotograf hat die Gruppe begleitet und sehr stimmungsvolle Fotos gemacht.

Nach diesen grundsätzlichen Überlegungen beginnt der sehr umfangreiche Rezeptteil. Die Kapitel sind nach den unterschiedlichen Tieren und besonderen Zubereitungen gegliedert:
- Schwein
- Wurst machen
- Haltbar machen
- Rind
- Räuchern
- Lamm
- Messer
- Geflügel
- Farcen und Füllungen

Die Kapitel mit den Rezepten zu den unterschiedlichen Tieren starten mit allgemeinen Informationen zu Haltung und Sorten. Zu jedem Tier gibt es eine Grafik mit den Zuschnitten und Fotos von den unterschiedlichen Fleischteilen. Gerade diese Fotos finde ich sehr gut, da es hilft einzelne Teile besser zu erkennen. Die meisten der 220 Rezepte werden auf einer Doppelseite mit der Zutatenliste, den Zubereitungsschritten und einem ganzseitigen Foto vorgestellt. Es gibt auch einige Rezepte ohne Foto, dies stört mich nicht. Besonders gut gefällt mir, dass bei jedem Rezept die Garzeit, die gesamte Zubereitungszeit und die Personenzahl angegeben sind. Die Rezepte sind sehr unterschiedlich, es gibt "alte Klassiker" genauso, wie innovative und raffinierte Gerichte. In allen Fällen sind sie unkompliziert und gut erklärt.

Die Kapitel zu den besonderen Zubereitungen sind als Exkurs zu verstehen. Dort werden mit sehr vielen Bildern komplexere Themen, wie z. B. das Wurst machen, erklärt. Die passenden Rezepte dazu sind dann von unterschiedlichen Tieren.

Abschließend gibt es noch ein Rezeptregister, nach Tieren und nach Zubereitungsarten alphabetisch sortiert und ein alphabetisches Sachregister.

Bei der Rezeptauswahl für die Rezension bin ich diesmal ganz anders vorgegangen. Vor Ostern wollte mein Freund Jens Hoferer von der Metzgerei Kachler-Hoferer zwei Lämmer schlachten. Der Bauer hatte aber drei schöne Tiere und er bot mir an, dass ich das dritte Tier bekommen kann. Natürlich hat er es mir fachmännisch verlegt und ich habe es liebevoll portioniert und vakuumiert in den Tiefkühler gegeben. Immer wieder habe ich Fleisch aufgetaut und zubereitet. So wurden Keulen, Schulter, Rücken und Filet weniger und Innereien und andere Teile blieben liegen. Gerade von diesen Teilen hatte ich viel mehr, weil das die Kunden von Jens leider nicht kaufen und er es mir gegeben hat. Deshalb habe ich gezielt nach Rezepten für meine übrigen Teile vom Lamm gesucht und bin fündig geworden.

Die Rezepte haben perfekt funktioniert und ich war sehr angetan von den schmackhaften Ergebnissen, der eher ungeliebten Teile meines Lamms. Besonders begeistert war ich davon, dass ich gezielt für bestimmte Fleischteile sehr schnell passende und sehr attraktive Rezepte gefunden habe. Die brauchten zwar etwas Garzeit, aber sehr wenig Arbeitszeit. Im Alltag ist es sinnvoll, am Wochenende zu kochen, oder die Gerichte vorzubereiten und dann nur noch zu erwärmen.


Lammherz mit Fenchel und Ingwer
Sous-Vide gegart

Lammherz-Ragout mit Kaffee, Ingwer und Schokolade


















Fazit:
Das Kochlesebuch Fleisch von Georg Schweisfurth und Simon Tress ist ein Muss, für Genussmenschen, die gerne Fleisch essen und sich ihrer Verantwortung bewusst sind. Es ist für Profiköche und ambitionierte Hobbyköche genauso geeignet, wie für Hobbyköche, die noch nicht so viel Erfahrung haben.

9 Kommentare:

  1. Also in Deiner "Einbildung" hinsichtlich des Kochbuchmarktüberblickes würde ich dich bestärken ;-)

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  2. Danke für die Vorstellung dieses Buchs! Das wird hier einziehen! Gerade gestern Abend habe ich mich wieder in meine zu große Unwissenheit bezüglich des Fleisches geärgert und überlegt, einen Kurs zu machen...
    Liebe Grüße,
    Eva

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    1. Liebe Eva,
      ich weiß genau, was Du meinst und dann ist dieses Buch ideal für Dich :-). Freut mich, dass ich Deinen Geschmack getroffen habe.

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  3. Sehr schön, gefällt mir gut! =)

    Allerliebste Grüße,
    HOLYKATTA

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  4. Bravo! Habe von dem Buch gehört, und jetzt steht es fest: muss ich haben!
    LG Tilo

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    1. Freut mich sehr Tilo, dass ich Dir eine gute Anregung geben konnte.

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  5. Du hast mich sehr neugierig gemacht und ich freue mich richtig auf dieses Werk! Danke für die schöne und detaillierte Rezension!

    Liebe Grüße, Semiha

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    1. Liebe Semiha,
      vielen Dank für das schöne Kompliment. Das Buch ist sehr gelungen und wird Dir viel Freude machen.

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