Sonntag, 30. Oktober 2016

Lokal: Das Kochexperiment - die 12. Challenge

Lokal wollen sie kochen. Darunter verstehen Simon Tress und Georg Schweisfurth nur Lebensmittel zu verwenden, die in einem Radius von 15 Kilometer um die "Feuerstelle" verfügbar sind. Eine Ausnahme gibt es: Salz, das bringt Simon immer mit. Verfügbar heißt nicht käuflich zu erwerben, sondern erzeugt und "Feuerstelle" ist ernst gemeint.

Das Projekt:
Ein Kochlesebuch, in dem die 11 Reisen mit Texten, Fotos, Adressen, Rezepten und ganz viel Spaß dokumentiert werden.

Die Challenge:
Einmal im Monat wurden in der Facebook-Gruppe Lokal mögliche Reiseziele vorgeschlagen. Aus den Vorschlägen wurde einer ausgelost und die Mission startete. Mit Salz und jeder Menge Koch-Equipment fuhr das Team dort hin und recherchierte mögliche Bezugsquellen. Dann ging es zum Einkaufen und ans Kochen. Am Abend kamen die geladenen Gäste, meist die Produzenten und andere neue Bekanntschaften zum gemeinsamen Essen.


Es war Ehrensache, dass das neue Buch "Lokal: Das Kochexperiment" nicht einfach nur vorgestellt, sondern als 12. Challenge präsentiert wurde. Zu meiner großen Freude durfte ich die Beiden den ganzen Tag begleiten und sozusagen hautnah erleben, wie man sich bei diesem Abenteuer fühlt.

Zum Abendmenü war eine Gruppe von rund 40 Journalisten in das Münchner Lola-Montez-Haus eingeladen. Dieses sehenswerte alte Häuschen liegt am südlichen Stadtrand und ermöglichte auch Produzenten im Münchner Umland einzubeziehen. Dies war dringend nötig, da es in einer Großstadt wie München kaum bio-zertifizierte Erzeuger gibt.


Die Einkaufstour startete in Pasing, bei der Bio-Gärtnerei von Florian Kamlah. Auf den Freiflächen wuchs noch jede Menge Gemüse, darunter Rosenkohl, Wirsing und Lauch. In den Gewächshäusern entdeckten wir Tomaten, Fenchel und viele Kräuter. Der kleine Hofladen überraschte mich, welche Vielfalt die Familie Kamlah anbaut und verkauft. Wir durften sogar eine Rarität mitnehmen, die kleinen sehr stacheligen Litschi-Tomaten. Leider wird das ein einmaliges Vergnügen bleiben, da die Stacheln den Anbau sehr schmerzhaft machen. Nächstes Jahr wird es keine mehr geben.


Mit Gemüse, Obst und Kräutern waren wir sehr gut versorgt und brauchten jetzt noch Fleisch, Eier, Honig (sehr wichtig, da Zucker nicht in Frage kommt) und ein paar Zutaten mehr. Dafür hat Simon Tress bereits mit der Familie Köglsperger vom Stollhof Kontakt aufgenommen. Der Schreck fuhr Georg Schweisfurth in die Glieder, als er auf das Navi blickte. 50 Kilometer stand da. Aber es war alles in bester Ordnung, da wir uns an den beiden äußersten Rändern des 15 Kilometer-Radius befanden und die Fahrt über die Autobahn nie der kürzeste Weg ist.


Seit 40 Jahren betreibt die Familie Köglsperger in Deining organisch biologischen Landbau und vermarket ihre Erzeugnisse direkt. In dem kleinen Hofladen bekamen wir alle Zutaten, die wir noch für unser Abendmenü brauchten. Damit ging es jetzt schnell ins Lola-Montez-Haus, das exakt 15 Kilometer vom Stollhof entfernt liegt.

Simon Tress und seine Sous-Chefin Aylin Weirowski hatten schon die Zutaten und das Koch-Equipment ausgepackt. Jetzt galt es in Windeseile das Drei-Gang-Menü für 40 Gäste zu kochen.


Mit vereinten Kräften ging es dem Gemüse an den Kragen. Wir schnibbelten um die Wette und langsam näherten sich die ersten Gäste. Wer nicht schnell genug wieder weg war, hatte gleich ein Messer in der Hand und durfte mithelfen. Irgendwann war es dann vollbracht und alles war in die passenden Formen und Größen geschnitten.

Im Garten vor dem Haus hatte Simon Tress schon die "Feuerstelle" zum Glühen gebracht und darauf wurde geräuchert, gegrillt und gekocht.


Irgendwann war auch fertig damit, eine Kiste Wirsingblätter in feine Streifen zu schneiden und ging nach oben, zu den festlich gedeckten Tischen. Jetzt konnte die eigentliche Veranstaltung mit dem gemeinsamen Abendessen und vielen Erzählungen und Video-Mitschnitten von den Reisen starten.


Unser Menü hat sehr gut geschmeckt und ich habe wieder einmal gelernt, dass Kochen etwas anderes ist, als sich stoisch an ein Rezept zu halten. In der Selleriesuppe schwammen kleine Fleischbällchen, die mit Chili, statt mit Pfeffer gewürzt waren. Obenauf gab es ein Topping aus getrocknetem Lauchgrün. Der Hauptgang hatte unglaublich viele Komponenten, die die beiden Köche in kürzester Zeit gezaubert hatten. Von der Rinderschulter wurde eine Hälfte wie ein Tafelspitz gekocht und die andere für ein Ragout mit Tomaten geschmort. Dazu gab es Dinkelrisotto, gegrillten Lauch, Grünkohl-Chip, Kürbisespuma und eine große Portion Salat aus meinen Wirsingstreifen. Das Fleisch stammte von einem ganz lieben und braven Stier, versicherte mir Frau Köglsperger, die meine Tischnachbarin war. Das Dessert war eine sehr ungewöhnliche Kombination aus gedünsteten Birnen und geräuchertem Fenchel. Dazu kamen noch Hippen und für jeden eine halbierte Litschi-Tomate als Topping.


Es war schon spät, als dieser bunte und lustige Tag zu Ende ging. Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, mitzuerleben, mit offenen Augen lokale Produkte zu entdecken und mit viel Phantasie und Improvisationsgeist daraus schöne Gerichte zu kochen. Diese Stimmung vermittelt auch das liebevoll gestaltete Buch "Lokal: Das Kochexperiment" und nimmt den Leser mit, auf 11 überraschende Reisen. Die beiden Autoren wollen damit anregen sich wieder auf alte Traditionen zu besinnen und beim Nachbarn einzukaufen. Bei den Rezepten findet sich etwas für jede Saison. Manchmal gab es im 15 Kilometer-Umkreis kein Fleisch und so sind eben auch vegane Rezepte enthalten. Es geht nicht darum diese Rezepte detailgetrau nach zu kochen. Es geht darum mit lokalen Zutaten überhaupt zu kochen. Deshalb kann in der heimischen Küche selbstverständlich auch Bio- oder Supermarkt-Ware verwendet werden. Zutaten wir Pfeffer oder Zitronensaft sind bei den Rezepten als Alternative angegeben.

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