Die Gerichte darin haben mich sofort begeistert und die Teller waren optisch eine Augenweide. So manches vermeintlich "einfache" Gericht war mit so kreativen Ideen angerichtet, dass es wirklich Lust zum Ausprobieren machte. Ich hatte mir zwei Rezepte ausgesucht und eines davon bald ausprobiert. Beim Lesen des Rezepttextes wurde mir schnell klar, dass ich das Rezept für mich anders strukturieren muss, sonst komme ich nicht damit zurecht. Trotz meiner Vorarbeit, war es mir kaum möglich das Gericht vernünftig auf den Teller zu bringen. Und nun habe ich zum ersten Mal für eine Kochbuch-Rezension ein Gericht zum zweiten Mal gekocht. Danach ist meine Motivation leider gesunken und ich habe sehr lange gebraucht, um das zweite Rezept auszuprobieren.
Blumen-Cool |
Für den "Saibling in Red" mit dem Untertitel "Kalt gebeiztes Vergnügen" habe ich mich besser vorbereitet. Ich habe mir ein komplett neues Rezept geschrieben, um die notwendige Reihenfolge nach dem Filetieren des Fisches und der Herstellung der Beize einzuhalten. Für die Beize habe ich in mehreren Rezepten recherchiert, um das Verhältnis von Roter Bete zu den Gewürzen und dem Gewicht des Fisches herauszufinden. Die verschiedenen Zutatenlisten habe ich in eine Excel-Tabelle übertragen und eine Art Mittelwert errechnet. Für die Deko-Nudel habe ich ganz tief in die Trickkiste gegriffen und stattdessen Reisnudeln in Rote Bete Saft gekocht.
Saibling in Red |
"Anthony Sarpong bietet in seinem ersten Buch eine ganz persönliche Auswahl an (Sterne-)Rezepten, die wirklich jeder nachkochen kann." So lautet die Beschreibung bei Amazon. Sorry, ich kann es nicht. Ich habe lange überlegt, wie ich mit der Rezension umgehe, da ich nicht gerne einen Verriss schreibe. Mir gefallen die Gerichte so gut, dass ich unbedingt dort einmal essen möchte, wenn ich in der Gegend bin. So vieles ist auch eine Inspiration, wenn man bereit ist das Rezept selbst zu erarbeiten. Gerade die kreative Dekoration der Teller spricht mich sehr an und wenn man die Anleitung dazu praxisorientiert umgesetzt hätte, wäre dieses Buch ein "must have" für den ambitionierten Hobbykoch geworden.
Ich habe mich dazu entschlossen, das Kochbuch nicht zu rezensieren, sondern meine Gedanken dazu aufzuschreiben. Exemplarisch habe ich dafür das Rezept für den Saibling in Red ausgewählt (Original-Rezept auf der linken Seite). In den nächsten Tagen stelle ich die beiden Gerichte, die ich in meinem Stil gekocht habe, vor.
Zutaten: 1 mittelgroßer Saibling 2 Knollen Rote Bete 100 ml Rote Bete Saft Radieschen Salz und Pfeffer Rohrzucker Wacholder Olivenöl Agar-Agar | Inhalt | Für den Hobbykoch wäre es hilfreich, eine Gewichtsangabe für den Saibling zu haben. Für was der Rote Bete Saft gebraucht wird, habe ich nicht heraus- gefunden. Ohne Angabe des Ver- hältnisses von Agar-Agar und Flüssig- keit ist es nicht möglich die Deko zu produzieren. |
Die Vorbereitungen für dieses Rezept beginnen am Vortag, denn wir werden den Fisch beizen, und dieser Prozess braucht nun mal seine Zeit. Die Rote Bete blanchieren und abkühlen lassen. Bitte den Sud nicht entsorgen! Es macht natürlich Sinn, hier mit Hand- schuhen zu arbeiten. Die geschälten Rote Bete in breitere Scheiben schneiden, die in den Mixer zur späteren Beize kommen. Bitte auch einige hauch- dünne Scheiben mit einem Schälmesser abhobeln, die wir später für die Deko auf dem Teller brauchen. | Inhalt | Die wichtigen Informationen, wie die Verwendung von Handschuhen oder das Schneiden von dünnen Scheiben, kommen leider erst nachgeschoben. Da ich unterstellt habe, dass die Rote Bete ungeschält blanchiert wird, war mein Sud eher bräunlich, als schön rot. Jetzt machte der Rote Bete Saft Sinn, den ich vorsorglich doch gekauft hatte. |
Für den Saibling gilt nun: Kopf ab und bitte diesen auch aufheben! Legen sie ihn schon mal in den roten Sud der unlängst blanchierten Roten Bete und erhöhen sie leicht deren Temperatur zur Kochgrenze. Nun trennen wir sanft die Haut vom Fleisch. Und wie so oft: Die Haut brauchen wir noch. Hier empfehle ich ein langes wie extrem scharfes Messer in einem flachen Winkel vom fixierten Schwanz nach vorne durchzuziehen, wo einst der Kopf saß. Hat man es einmal gemacht, entsteht sehr schnell eine gewisse Sicherheit. | Inhalt |
Im nächsten Arbeitsschritt soll der
Fisch filetiert werden. Hier hätte man auf die Seiten der "kleinen Koch- schule" verweisen können, anstatt nur zwei Arbeitsschritte zu skizzieren, deren Reihenfolge keinen Sinn macht. |
Die gesäuberte Haut legen wir bei ca. 65 Grad auf ein Blech in den Ofen, wo sie langsam vor sich hin trocknet. Später wird die Haut in Pflanzen-Öl knusprig gebraten. Bitte auf Küchen- krepp abtropfen lassen. Eigentlich ein Wahnsinn für diesen kleinen Effekt am Tellerrand. Aber das musste mal gezeigt werden und ab heute wissen Sie und Ihre Gäste: Das hat Arbeit gemacht! | Inhalt | Mit dem Säubern der Haut ist ver- mutlich das Abkratzen von Fleisch- resten und dem Tran gemeint. Der Trockenvorgang dauert rund eine Stunde und diese Angabe fehlt genau- so, wie die Stelle, an der man die ganze Haut in Stücke zerteilt. Nach dem Frittieren, sollte leicht gesalzen werden. |
Von übersehenen Gräten befreit, erwartet die Filets eine köstlich Beize. Das Prinzip heißt "Kaltgaren" und funktioniert wie beim Graved Lachs. Salz, Pfeffer, Rohr- zucker, Wacholder, Olivenöl werden mit den Rote-Bete-Stücken in einem Stand- mixer zu einer feinen homogenen Paste verarbeitet. Auf Folie ausgebracht, dient diese Beize als vorübergehende Ruhe- stätte für die feinen Tranchen des Saiblings. Alles was in der Beize steckt, wird über 12 Stunden in den Saibling transferiert. Dann packen wir ihn wieder aus und entfernen vorsichtig die Beize unter fließendem Wasser. | Inhalt | Dieser Text mag literarisch schön sein, hilfreich ist er leider nicht. Es fehlen die Mengenangaben zu den Gewürzen und auch das Gewicht der Roten Bete spielt dabei eine Rolle. Unklar bleibt auch, ob der Fisch auf beiden Seiten mit der Beize bedeckt wird. Ich habe es so gemacht. |
Und nun zur Deko: Sie erinnern sich bestimmt an die eingangs blanchierte Rote Bete, das rote Wasser und noch immer darin vor sich hin köchelnden Kopf unseres Saiblings. Weg vom Feuer damit und fein durchgesiebt in einem neuen Topf, in dem wir nun das rote nach Fisch duftende Gemisch mit etwas Agar-Agar (eine Algenart, die zur Eindickung dient, wie Gelatine, nur eben vegan) zu einer festeren Masse verdicken. Diese eignet sich hervorragend zum Verzieren. In unserer Restaurant- küche drücken wir die Masse durch einen Schlauch mit einer Natrium- alginat-Lösung, sodass wir rote Deko- Spaghetti bekommen. | Inhalt | Mit dieser Beschreibung ist es nicht möglich die roten Deko-Spaghetti herzustellen. Das Mischungsverhältnis von Agar-Agar und Flüssigkeit fehlt völlig. Auch hat der Sud keine attraktive Farbe, weshalb ich die Fischkarkasse (und nicht nur den Kopf) im Rote Bete Saft ausgekocht habe. Man müsste auch genauer beschreiben, wie die Masse in den Schlauch und auch wieder heraus- kommt. |
Die eingangs entfernte Mittelgräte wurde bereits kurz nach ihrer Entfernung aus den Filets abgekocht und wohnte der Haut während der Trocknung im Ofen bei. Wer mag, onduliert die Fischgräten noch mit einer Küchenschere. Eine wirklich ungewöhnliche Deko! Am Schluss noch die knusprige schillernde Haut als Zierde dazu, ebenso hauchdünne Radieschen- scheiben und fertig ist unser Kunstwerk. Begleitempfehlung: ein schön ausgeglich- ener säurearmer Rosé aus dem Süden Frankreichs. | Inhalt | Es wird immer empfohlen, dass man Rezepte zuerst ganz durch- lesen sollte, aber es erscheint mir kein logischer Arbeitsablauf zu sein, wenn zu diesem Zeitpunkt von einer mitgegarten Mittelgräte ge- sprochen wird, wo doch zuerst nur der Kopf in den Sud kam. Sie muss sich jetzt auch noch beeilen, um mit der Haut, die drei Absätze vorher getrocknet wurde, in den Ofen zu kommen. Ich habe sie sogar noch zusätzlich frittiert. Damit ist sie nicht nur Deko, sondern kann auch ge- knabbert werden. Die Anmerkung, dass neben dem Rezeptbild ein Mosel-Riesling empfohlen wird, ist dann fast schon amüsant. |
Puh.. Sterneküche ist bestimmt nicht meine Welt, aber das Schreiben von guten, verständlich nachvollziehbaren Rezepten ist mir immer ein großes Anliegen. Danke für deine Gedanken, das war spannend zu lesen und sehr schade und erstaunlich, dass so ein Buch solche massiven Schwächen hat.
AntwortenLöschenDanke Dir Shermin, mir war es wichtig aufzuzeigen, was das Problem ist. Rezepttexte in dieser Art habe ich auch noch nie vorher gesehen und für mich hätte das Buch immer noch viel Potential, wenn man die Texte neu bearbeitet. Die Gerichte hätten es verdient.
Löschen